Ägypten plant größtes Solarkraftwerk der Welt

Fast jeden Tag scheint in Ägypten die Sonne, Solarzellen laufen auf Hochtouren. Der Staat setzt massiv auf Ökostrom - auch mit deutscher Hilfe.

Keine einzige Wolke am Himmel, die Sonne scheint jeden Tag neun bis elf Stunden. Auf das Wetter in Ägypten ist Verlass. Wer ein Solarkraftwerk bauen will, das möglichst viel Strom produziert, für den wäre das Wüstenland im Nordosten Afrikas die perfekte Wahl.

Ägypten liegt im Sonnengürtel der Erde, einem Streifen, der die besten Voraussetzungen für die Nutzung von Solarenergie aufweist. Die durchschnittliche direkte vertikale Sonneneinstrahlung dort liegt zwischen 2000 und 3200 Kilowattstunden je Quadratmeter und Jahr.

Tatsächlich entdeckt das arabische Land gerade die Vorteile erneuerbarer Energien: Strom aus Sonne - und erst recht aus Wind - ist dank der technologischen Fortschritte der letzten Jahre deutlich billiger geworden. In dem größtenteils aus Wüste bestehendem Land werden immer mehr Solarkraftwerke und Windparks gebaut oder geplant.


Das Land darf sich sogar zu den Pionieren in der Nutzung der Sonnenenergie zählen. Im Jahr 1913 ging im Kairoer Stadtteil Maadi eine der ersten Solaranlagen der Welt in Betrieb. Entwickelt hatte sie der amerikanische Wissenschaftler Frank Shumann.

In fünf 60 Meter langen Sonnenkollektoren erhitzten Parabolspiegel eine Flüssigkeit, die eine Dampfmaschine antrieb. Die Anlage erreichte eine Leistung von 50 PS und pumpte Wasser auf Felder. Die "New York Times" widmete Shumanns Entwicklung im Juli 1916 eine ganze Seite. Der Tüftler verkündete, die Region könne eines Tages zur "Solarstation der Welt" werden.

Dieser Text ist im Rahmen eines journalistischen Austauschprogramms entstanden und wurde vom Goethe Institut Kairo und dem Auswärtigen Amt gefördert. Ein ähnlicher Artikel ist bei der ägyptischen Zeitung "Al Ahram" erschienen.

Derzeit kommen allerdings gerade mal zehn Prozent des Stroms in Ägypten aus erneuerbaren Energien, 90 Prozent stammen aus Wärmekraftwerken. Die Preise für Solarzellen und Windräder waren lange Zeit viel zu hoch für das Schwellenland. Doch inzwischen sind erneuerbare Energien konkurrenzfähig - und Ägypten hat sich viel vorgenommen: Bis 2022 sollen Solarzellen 20 Prozent des Strombedarfs abdecken. Bis 2035 wird ein Anteil von 37 Prozent für erneuerbare Energien angestrebt.

In den vergangenen Jahren wurden im ganzen Land Daten gesammelt, welche die Regierung nun im "Sonnenatlas Ägypten" veröffentlicht hat. Dieser gibt Auskunft zu Sonneneinstrahlung und Sonnenstunden für jeden Tag des Jahres in allen Regionen des Landes.

Um beim Umbau der Energieversorgung schnell voranzukommen, arbeitet Ägypten auch eng mit Deutschland zusammen, das international als Vorreiter in Sachen Ökostrom gilt. Zwei Windparks mit zusammen 380 Megawatt wurden mit Finanzhilfen der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) errichtet.

Außerdem wurde ein gemeinsames ägyptisch-deutsches Komitee für erneuerbare Energien und Energieeffizienz mit Sitz in Kairo gegründet. Es bietet technische Unterstützung und Prüflabors für Haushaltsgeräte an, um deren Qualität zu verbessern. Zusätzlich organisiert es Schulungen in den Bereichen erneuerbare Energien und Energieeffizienz für die Bürger.

Auch das in Deutschland so erfolgreiche Prinzip der Einspeisevergütung für sauberen Strom hat Ägypten 2014 übernommen. Wer eine Solaranlage installiert oder ein Windrad aufstellt, kann so mit festen Preisen für den ins Netz eingespeisten Strom kalkulieren.

Doch in einem Land wie Ägypten geht es mancherorts auch einfach nur darum, überhaupt Strom zu haben. In kleine, abgelegene Oasen führt keine Leitung - bislang behalf man sich dann meist mit einem Dieselgenerator. Doch Firmen wie KarmSolar aus Kairo installieren inzwischen landesweit Mini-Solarkraftwerke, die günstig und ökologisch Energie erzeugen.

Ahmed Zahran hatte das Unternehmen 2011 nach der Revolution gegründet. Seinen ersten Vertrag schloss er im Jahr 2013 ab. Er sollte in der Westsahara eine Wasserpumpe 

auf Solarbetrieb umbauen. Danach kamen viele weitere Aufträge, etwa für ein solarbetriebenes Pump- und Bewässerungssystem in der Oase Al-Bahariyya knapp 400 Kilometer südwestlich von Kairo.

In seinen Projekten in den Oasen der Westsahara und in Marsa Alam am Roten Meer achtet Zahran darauf, dass Anwohner ausgebildet werden, die Solarpanels selbst instandhalten zu können. Einerseits schaffe er so Arbeitsplätze für die lokale Bevölkerung, andererseits sei dies die beste Versicherung dafür, dass die Anlagen möglichst lange Strom produzieren.

Mit großem Respekt blickt Zahran Richtung Deutschland. An den Universitäten finde eine sehr gute Ausbildung im Bereich Solarenergie statt. Der Ägypter wünscht sich hier eine möglichst enge Zusammenarbeit beider Länder.

Ein Beispiel dafür ist die Stuttgarter Firma Engcotec, die Fotovoltaikanlagen etwa auf dem Reichstag, dem Berliner Hauptbahnhof und in zahlreichen arabischen Ländern installiert hat. Geschäftsführer Ibrahim Samak engagiert sich auch in Ägypten - er sitzt im Beratungsgremium des Präsidenten und verantwortet darin den Bereich "Erneuerbare Energien".

Der US-Forscher Frank Shumann träumte einst von einem Ägypten als "Solarstation der Welt". Einen großen Schritt in diese Richtung machen Techniker und Bauarbeiter derzeit im Süden des Landes unweit des Assuan-Staudamms.

In Benben errichten sie eine Fotovoltaikanlage, die größer ist als alle, die bisher auf der Welt gebaut wurden. Nur in Indien und den USA sollen noch leistungsstärkere Sonnenkraftwerke errichtet werden. Die geplante Leistung der ägyptischen Anlage von 1650 Megawatt entspricht der eines großen Atomkraftwerks. 2019 soll die Anlage in Betrieb gehen und das fast immer scheinende Sonnenlicht in sauberen Strom verwandeln.