USA und Europa stehen vor einem Handelskrieg

Ein Einlenken oder eine Verständigung sind immer unwahrscheinlicher. Schon heute könnte Donald Trump seine Drohung wahr machen und Strafzölle gegen die EU verhängen. Sie würden dann am 1. Juni um 6.01 Uhr unserer Zeit in Kraft treten. Die EU ist vorbereitet, es droht der Handelskrieg, vor dem alle warnen.


Die USA wollen in Kürze ihre Drohung wahr machen und Importzölle auf Stahl- und Aluminiumprodukte aus der EU verhängen. Die Pläne könnten womöglich am heutigen Donnerstag bekanntgegeben werden, einen Tag vor Ablauf der Frist zur Einigung in dem seit Monaten anhaltenden Handelsstreit, berichtet das "Wall Street Journal" (kostenpflichtig) unter Berufung auf mit der Angelegenheit vertraute Personen.

Ein Insider fügte demnach hinzu, die Regierung könne ihr Vorhaben noch ändern, besonders wenn es beiden Seiten in letzter Minute doch noch gelänge, sich zu einigen. Zuletzt sah es danach allerdings nicht aus. So brachte ein Gespräch zwischen EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström und ihrem US-Amtskollegen Wilbur Ross am Mittwoch nicht den erhofften Durchbruch.

Die Nachrichtenagentur Reuters erfuhr von einer informierten Person, es sei unwahrscheinlich, dass bereits am Donnerstag eine Mitteilung verbreitet werde. Sie bestritt aber nicht, dass die Zölle verhängt würden. Sollte es tatsächlich soweit kommen, befürchten Volkswirte den Ausbruch eines Handelskriegs.

Die EU-Kommission hat bereits Gegenmaßnahmen in der Schublade. Sie könnte amerikanische Produkte wie Jeans, Harley-Motorräder und Bourbon mit Zöllen belegen. US-Präsident Donald Trump wiederum hat neben den Metallzöllen auch Zölle auf ausländische Autos ins Spiel gebracht.

Trump hatte am 23. März Zölle in Höhe von 25 Prozent auf Stahlimporte und 10 Prozent auf Aluminiumeinfuhren angeordnet. Er begründete dies mit dem Schutz der nationalen Sicherheit, die ebenso wie die heimische Branche durch die Importe gefährdet sei. Einige Staaten wurden von den Zöllen jedoch zunächst vorläufig ausgenommen, darunter neben den Mitgliedern derEuropäischen Union unter anderem Kanada und Mexiko. Für eine dauerhafte Ausnahmeregelung fordert Trump Zugeständnisse.

Macron: Bei einem Handelskrieg verlieren alle Seiten

Die Zölle würden nach bisherigem Stand ab dem 1. Juni voraussichtlich um 6.01 Uhr MESZ greifen, wenn die bislang geltenden Ausnahmen nicht verlängert werden. In den vergangenen Wochen hatten mehrere Staats- und Regierungschefs versucht, Trump davon abzubringen, die Zölle tatsächlich in Kraft treten zu lassen. Zuletzt mehrten sich jedoch pessimistische Einschätzungen, was das Gelingen einer Einigung anging. Malmström etwa sagte am Dienstag vor dem EU-Parlament, dass sie realistischerweise nicht mehr mit einer dauerhaften Ausnahme rechne. Ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums sagte, die Bundesregierung gehe ebenfalls davon aus, dass die Zölle am Freitag kommen.

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Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU), der sich in Paris auf der Konferenz der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in die Verhandlungen einschaltete, mahnte ein koordiniertes Vorgehen der EU auf eine Entscheidung Trumps an. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron warnte: "Alle Seiten verlieren bei einem Handelskrieg."

Die deutsche Wirtschaft sieht die Wachstumsaussichten der größten Volkswirtschaft der Euro-Zone durch den Streit beeinträchtigt. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) senkte seine Prognose vor diesem Hintergrund deutlich. Es werde dieses Jahr nur noch mit einem Plus beim Bruttoinlandsprodukt von 2,2 Prozent gerechnet, ein halber Punkt weniger als zuletzt.

DIHK-Präsident Eric Schweitzer sagte der "Rheinischen Post" laut Vorabbericht, die deutsche Wirtschaft sei auf offene Märkte angewiesen. Die EU müsse enger zusammenrücken und ihre Interessen verteidigen, im Zweifel auch mit Gegenmaßnahmen. "Denn sonst besteht die Gefahr, dass immer neue Ideen für Zölle auf andere Produkte zu einer Endlos-Spirale im Handelspoker führen."

Die Aktien nordamerikanischer Metallkonzerne legten nach Veröffentlichung des "Wall Street Journal"-Berichts nachbörslich deutlich zu, darunter AK Steel und Alcoa.